Der Neumarkt

Die neue Mitte entsteht

Mit dem Neumarkt steht der zentrale Platz der Osnabrücker Innenstadt vor einer umfangreichen Neugestaltung. An dieser Stelle wollen wir Gelegenheit bieten auf die Geschichte des Neumarkts zurückzublicken und sich über die kommenden Schritte zu informieren.

Historische Schnittstelle zwischen Alt- und Neustadt

Der heutige Neumarkt war schon in der Frühzeit der Stadt ein bedeutender Zugang zur Altstadt. Die “Alte Pforte” stellte einen der wenigen Zugänge zum, noch von einer Stadtmauer umgebenen, Bereich dar.

Ein Stadtplatz in seiner späteren Gestalt war dort aber zu dieser Zeit noch nicht zu finden. Tatsächlich entwickelte sich die Bebauung der Neustadt nicht von der Mauer der Altstadt nach Süden, sondern von der Johanniskirche ausgehend. Die über die Jahrhunderte wechselhafte Bebauung bildete noch anders dimensionierte und geschnittene Platzräume als heute und dem Ort fehlte eine wesentliche Qualität, die ihn später zu dem bedeutenden Platz machte, der er heute ist: seine zentrale Lage.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts endete der Neue Graben hier an Stadtmauer und Hase. Eine weiterführende Verbindung Richtung Nord-Osten gab es damals noch nicht, ebenso keine dort direkt angrenzende Bebauung. Der spätere Neumarkt befand sich also in einer Randlage. Dies sollte sich in den folgenden Jahrzenten ändern.

Der gründerzeitliche Stadtplatz 

In den Jahren 1855/56 wurde der Hannoversche Bahnhof gebaut. Um diesen an die Stadt anzuschließen, wurde die Wittekindstraße angelegt, der Wall abgetragen und eine Brücke über die Hase gebaut. Die frühere Randlage war nun Mittelpunkt zwischen Stadt und Bahnhof geworden. Diese neue Bedeutung als Platz in der Stadt führte auch dazu, dass ab 1866 ein Wochenmarkt eingeführt wurde. Erst dadurch erhielt der Platz seinen heutigen Namen.

Anfang des 20. Jahrhunderts führte Osnabrück dann eine Straßenbahn ein, deren Linien sich schon damals am Neumarkt kreuzten. Die verkehrliche Bedeutung des Neumarkts nahm in den nächsten Jahren, nicht nur wegen der Straßenbahn, stetig zu. Der Wochenmarkt wich deshalb ab 1913 auf den Ledenhof aus, wo er bis heute stattfinden.

Zerstörung und Wiederaufbau - Die autogerechte Stadt

Bis in den Zweiten Weltkrieg hinein behielt der Neumarkt seine gründerzeitliche Form. Noch heute steht das Landgericht an der südlichen Platzkante, alle anderen Gebäude am Platz wurden nach dem Krieg durch Neubauten ersetzt. Eine Ausnahme bildet dabei der westliche Rand des Platzes. Dort wurde nicht wieder aufgebaut, sondern die Platzfläche auf etwa das doppelte verbreitert.

Die Straßenbahn ist 1960 schon wieder Geschichte und wird zugunsten eines Oberleitungs-Busses eingestellt. Im autogerechten Geist der Zeit wird die Verkehrsfläche auf dem Neumarkt nach und nach verbreitert und Autos dominieren zusehends das Bild des Platzes. Um den Autoverkehr ungehindert fließen zu lassen und die Fußgänger zu schützen wird ab 1963 der Neumarkttunnel gebaut, der unter der Erde viele Geschäfte ansiedelt, die von den Osnabrückern gerne besucht werden.

Neues Denken - Fußgänger ans Tageslicht

Nach einer Blütezeit fällt die unterirdische Einkaufsmeile, wie in vielen anderen Städten auch, ab den 1990er Jahren aus der Zeit. Immer häufiger nutzen die Fußgänger den oberirdischen Weg. Um diese oft gefährlichen Situationen zu entschärfen wird 2001 eine Fußgängerampel eingeführt. Weil weniger Leute den Tunnel nutzen, können sich weniger der Geschäfte halten und je ausgedünnter das Angebot ist, desto weniger Menschen nutzen den Tunnel. 2014 endet die Zeit der Neumarkttunnels und er wird verfüllt.

Bereits im Jahr 2000 ist der Erneuerungsbedarf am Neumarkt offensichtlich und es wird ein Bürgergutachten in Auftrag gegeben. Dieses legt den Grundstein für die weiteren Planungen, die 2006 in einem Masterplan für den Neumarkt münden. Dieser zeigt das Bild eines Neumarkts, der wieder seiner gründerzeitlichen Gestalt näherkommt, gleichzeitig aber den modernen Verkehrserfordernissen gerecht wird. Zwei der dafür wesentlichen Projekte werden hier zum ersten Mal dargestellt: das Hasehaus und das Baulos 2 (der „Zauberwürfel”). Das Hasehaus wurde 2014 fertiggestellt, das Baulos 2 soll 2025 eröffnen.

Ein Planungsprozess mit Hindernissen

Warum sieht dann aber der Neumarkt 2025 so aus, wie er aussieht, wenn es seit 19 Jahren einen Masterplan gibt? Zum einen ist der Weg von einem städtebaulichen Masterplan zur fertigen Umsetzung grundsätzlich lang. Investoren müssen gefunden, Planungsrecht geändert, Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, Finanzierungen geklärt und komplexe Bauvorhaben durchgeführt werden. Dazu kamen zwei große Themen der heutigen Stadtentwicklung, die große gesellschaftliche Diskussion auslösten, die in Osnabrück am Neumarkt ausgetragen wurden. Das eine ist der Wandel der Mobilität, das andere die Zukunft des innerstädtischen Einzelhandels und der Funktion der Innenstadt insgesamt.

Die Verkehrsfunktion

Verkehrlich wurde mit dem Masterplan eine Frage aufgeworfen, die die Stadt lange beschäftigen soll: dürfen Autos zukünftig weiter über den Neumarkt fahren oder sollten sie hier ausgeschlossen werden? Mehrere Wahlkämpfe, zwischenzeitliche Sperrungen, Gerichtsverhandlungen und dutzende Presseartikel später wird ein Kompromiss erst 2024 gefunden. Der Platz wird künftig für Autos nicht mehr querbar sein, aber auch der Busverkehr soll deutlich reduziert werden. Der für 2020 geplante Baubeginn für die Platzgestaltung hatte sich da wegen Bedenken zur Haltbarkeit der Betonkonstruktion bereits erheblich verzögert.

Das Einkaufszentrum

Auf dem größten Baufeld am Platz versuchen lange Zeit verschiedene Investoren ein innerstädtisches Einkaufszentrum zu realisieren. Die jahrelange, kontroverse Planung, die bis zur Baugenehmigung gebracht wurde, wurde durch den Investor kurz vor vereinbartem Baubeginn im Juni 2019 verworfen. Seitdem wird ein neues, gemischtgenutztes Konzept verfolgt, inzwischen durch einen neuen Eigentümer. Hierfür muss das Bauplanungsrecht erneut geändert werden und ein komplett neues Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden. Die allgemeinen Unsicherheiten nach Covid-19-Pandemie und Russlands Angriff auf die Ukraine erschweren das Komplexe vorhaben zusätzlich. Dennoch gehen die Planungen weiter. Die Änderung des Bebauungsplans soll im Sommer 2025 beschlossen werden. Im Anschluss möchte der Investor mit dem Abriss der ersten Altimmobilien beginnen.

Der Neumarkt morgen

Wo stehen wir also 2025, nach all den Diskussionen, den kleinen und großen Katastrophen des Planungsprozesses? Stehen wir nun endlich kurz vor dem schon so lange versprochenen Startschuss, der den Neumarkt von einer unattraktiven Dauerbaustelle zu dem zentralen Stadtplatz wird, nach dem sich die Stadt sehnt? Vieles spricht dafür. Die geplante Verkehrsführung wird durch eine breite Mehrheit des Rats getragen und an den Planungen für das gemischt genutzte Quartier “Johannishöfe” bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Die Planungen für die Platzoberfläche konnten in der Zwischenzeit so angepasst werden, dass bautechnische Bedenken ausgeräumt sind. Was jetzt noch vor uns steht sind Detailplanungen, Ausschreibungen und intensive Bauphasen. Es wird weiter Probleme zu lösen geben, deren Lösung uns aber gelingen wird, weil wir uns einig sind, was wir erreichen wollen. Was also passiert in den nächsten Jahren am Neumarkt?

Perspektive Neumarkt Ost, Blick von Osten (Dämmerung)
Perspektive Neumarkt Ost, Blick von Osten (Dämmerung)
Perspektive Neumarkt Ost, Blick von Osten (Tag)
Perspektive Neumarkt Ost, Blick von Osten (Tag)
Perspektive Neumarkt Ost, Blick von Süden (Dämmerung)
Perspektive Neumarkt Ost, Blick von Süden (Dämmerung)
Perspektive Neumarkt West ZOB, Blick vom Baulos2 (Tag)
Perspektive Neumarkt West ZOB, Blick vom Baulos2 (Tag)
Perspektive Neumarkt West ZOB, Blick von Westen (Dämmerung)
Perspektive Neumarkt West ZOB, Blick von Westen (Dämmerung)
Perspektive Neumarkt West, ZOB (Tag)
Perspektive Neumarkt West, ZOB (Tag)

Ziele und Ideen für den Umbau

Der Neumarkt wird zukünftig grüner, aber weiterhin ein steinerner Stadtplatz sein. Er wird von weniger PKW und Bussen befahren, aber weiter starker Verteilpunkt für Verkehre sein. Das einheitliche Pflaster von Johannisstraße bis zum Eingang der Großen Straße wird, zusammen mit dem reduzierten Verkehr, die Verknüpfung zwischen Alt- und Neustadt stärken.

Angepasst wird der Neumarkt auch an die Erfordernisse des Klimawandels. Großkronige Bäume sollen zukünftig Schatten spenden für die Bänke, auf den man eine Pause machen kann. Ein Wasserspiel sorgt zusätzlich für Abkühlung des Platzes und auch ein Trinkwasserbrunnen ist geplant.

Vogelperspektive von Osten
Vogelperspektive von Osten
Vogelperspektive von Westen
Vogelperspektive von Westen

Wie das ganze aussehen wird, lässt sich auf den computergenerierten Ansichten schon jetzt ablesen.

In den nächsten zwei Jahren wird der Neumarkt noch mehr als zuvor Provisorium und Baustelle sein, aber dann ist er bereit für die nächsten Jahrzehnte.